am Samstag hatte ich, bei perfektem Wetter, Gelegenheit, die nagelneue BMW R 1250 R zwei Stündchen Probe zu fahren. Also draufgesetzt, nach unten geguckt und das dann den Rest der Zeit vermieden. Die beiden schwarzen Klumpen, die da Links und Rechts herausragen, sind kein wirklich schöner Anblick, aber letzten Endes ist das Geschmackssache. Ansonsten finde ich die Mopete optisch durchaus gelungen, sie ist schön kompakt gebaut und hat sogar etwas sportliches. Die R 1250 R kommt meiner Vorstellung von einem Motorrad jedenfalls ziemlich nah. Die Sitzposition passt, alles ist da, wo es hingehört. Einzig das Stellrad für Bordcomputer und Navi rückt den Blinkerschalter sehr weit vom Daumen weg, woran man sich aber gewöhnt. Es stört trotzdem. Die Fussrasten dürften einen Tick weiter hinten liegen, eine entsprechende Anlage gibts natürlich als Zubehör gegen Bares. Die Aufpreispolitik dieser Premiummarke finde ich sowieso nicht sehr kundenfreundlich, aber gelobt sei, was reich macht. Genug zu dem Thema.
Der Motor schüttelt das Gerät beim Starten ordentlich durch, wie sich das für einen dicken Boxer gehört. So etwas wie Sound ist zwar vorhanden, aber im Originalzustand recht verhalten. Das kann die NineT besser (und der Akra Endtopf sicher auch). Erst wenn bei höheren Drehzahlen die Auspuffklappe öffnet, wirds ziemlich kernig. Dem Hubraum angemessene good Vibrations gibts immer, aber nie nervig oder polterig. Sehr schön.
Die Kiste ist bis in die letzte Ecke mit Elektronik vollgestopft, sogar der Tankdeckel hängt am Keyless Go System und wird erst nach dem Ausschalten für einige Sekunden freigegeben. Na gut. Was ich wirklich nützlich finde, ist die Handyapp, die sich motorradtaugliches Navi nennen darf und sogar kurvige Strecke in mehreren Stufen anbietet. Die Abbiegeanweisungen werden auf dem TFT angezeigt und können zum Helmfunk übertragen werden. Als Streckenvorschau taugt das zwar nicht, aber BMW wäre nicht BMW, wenn sie nicht ein "richtiges" Navi mit ins Bordsystem integrierter Bedienung zusätzlich anbieten würden. Kostet natürlich wieder heftig Extra, aber das hatten wir ja schon.
ABS, TCS, DTC und wie sie alle heißen, sind beim Vorführer selbstverständlich an Bord. Erwähnenswert wären noch die lastabhängige Niveauregulierung, aktives Fahrwerk mit etlichen Fahrmodi, Motormappings für jede Gelegenheit, Tagfahrlicht mit automatischer Abblendschaltung -natürlich alles LED-, Tempomat, Griffheizung, usw. usw... Das nennt sich dann "Exclusive" mit allen teuren (jaja) Paketen.
Das Beste an diesem Motoputer ist aber: man kann damit tatsächlich fahren und das auch noch richtig gut. Der fette Boxer bolzt los, als gäbs kein Morgen. Echt beeindruckend, was abgeht, wenn man das Ventil am rechten Lenkerende voll aufdreht. 136 PS und vor allem die 143Nm sind jedenfalls keine leere Drohung. Im Dynamik-Modus hebt die Fuhre sogar verschämt das Beinchen. Nur ein Wenig, aber es läßt ahnen, was im Track-Modus noch alles schlummert. Wobei man wohl annehmen darf, dass die Serienbereifung schon ordentlich leiden muss. Die Leistungsentfaltung ist in einem breiten Drehzahlband ausgesprochen druckvoll, aber nie überfallartig. Das ist sicher auch ein Verdienst der neuen, variablen Ventilsteuerung. Bei der Abstimmung des Triebwerks haben die Ingenieure ihre Hausaufgaben jedenfalls gemacht.
Viele Kurven hatte ich leider nicht, aber ein paar waren es dann doch. Die Fuhre lässt sich zielgenau dirigieren und hält die Linie ohne Überraschungen. Das ESA Fahrwerk verhält sich dabei absolut neutral und spurtreu. Beim Einlenkverhalten gibts ebenfalls nichts zu meckern, es ist leicht und locker. Von den etwa 250kg Lebendgewicht merkt man dabei genau nichts. In schnellen Wechselkurven mag das anders aussehen, mangels Masse kann ich darüber keine Aussage treffen. die 1250er ist ja auch nicht als Rennmaschine gedacht, sondern als flotter Landstraßenfeger. Sie folgt einfach dem Radius und gut. Beim Rangieren kann die Bayrin ihre Pfunde dann nicht mehr so leicht verstecken, mit großem Lenkeinschlag sammelt sie aber sofort wieder Sympathiepunkte.
Was ja immer wieder über den grünen Klee gelobt wird, ist der Schaltassistent. Er funktioniert hoch und runter fast ab Standgas und das tatsächlich ausgesprochen gut. Aber ich brauch den nicht. Ich finde, er nimmt einem einen Teil des aktiven Fahrens, das für mich beim Motorrad einfach dazu gehört. Anyway, nice to have ist der Blipper allemal und man muss ihn ja nicht benutzen. Unterwegs dachte ich so bei mir, ein automatisches Getriebe, gern mit Doppelkupplung, würde dem Hobel auch gut stehen. Getreu dem Motto wenn schon, denn schon... Diesen Gedanken hatte ich auf der Street noch nie.
Wer schnell fährt muss auch schnell anhalten können. Die Stopper verdienen das Prädikat "Anker" ohne Wenn und Aber. Nebenbei gesagt, quietscht da nichts. Hüstel.
Wer jetzt meint, das ist ein nahezu perfektes Motorrad, der liegt nicht ganz falsch. Aber. Eins ist der dicken Hightech BMW nicht gelungen: in den zwei Stunden meinen Herzschlag zu beschleunigen. Schade eigentlich, sie hats nämlich echt drauf.
Gruß René
P.S. Vielleicht verbringen wir doch mal ein gemeinsames Wochenende zusammen. Im Harz oder so.
Aus uns sind die geworden, vor denen uns unsere Eltern immer gewarnt haben
Ich bin auch ein echter Boxer-Fan! Gefallen mir richtig gut, die Dinger. Nur fahren mag ich die nicht. Drei Boxer-BMWs hab ich bisher gehabt. Keine hat mich glücklich gemacht. Der anfänglichen Begeisterung folgte ganz schnell die Ernüchterung. Einzig den Sportboxer R1100S hatte ich länger als eine Saison. Eingetauscht hab ich ihn dann sofort nach einer Probefahrt gegen eine Triumph Sprint RS 955i. Seitdem fahr ich Dreizylinder . Die Sprint RS gute 50000km, die Street R jetzt auch schon in der 6. Saison. Bin also nicht jemand, der vorschnell wieder verkauft.
Ein guter Freund von mir hat die 16 er R1200R und ich kann deine Beschreibungen eigentlich voll und ganz unterschreiben. Was mir persönlich, und dies lässt sich sicher von 1200 auf 1250 übertragen, nicht so gut gefällt ist das Gefühl fürs Vorderrad. Beim beherzten angasen ist mir das aufgrund der sehr aufrechten Sitzposition zu intransparent. Aber eigentlich ist das MEckern auf hohem Niveau! Ich hatten jedenfalls einen schönen Vormittag mit der BMW in den Alpen und hab damit krampfhaft versucht an meiner eigenen alten Monster dran zu bleiben
Man darf auch nicht vergessen, wie entspannt und Sozius tauglich die BMW ist. Wer also öfter seine Freundin mitnimmt wird sich schwer tun was besseres zu finden.
Wenn man schnell durch eine Kurve will, dann muss man auch schnell rein fahren!
Zitat von ipoxiatic im Beitrag #3 ... wie entspannt und Sozius tauglich die BMW ist. ...
Ein wichtiger Hinweis wie, ich finde. Wenn ich nur ein Moped besitzen dürfte, auf dem ich auch ab und zu die beste Ehefrau der Welt mitnehmen möchte, würde ich definitiv meine R 1200 R behalten.
Und daß die BMW nicht zu begeistern weiß? 125 Nm Drehmoment, und – hoffentlich hab ich die Kurve richtig im Kopf – ab ca. 2000 Umdrehungen stehen schon 100 Nm an. Das sieht man nicht nur auf dem Papier, das merkt man...
Die 1250er? Danke, nicht für mich. Die Dinger werden zu kompliziert. Mit ShiftCam gibt es wieder mehr Firlefanz, der versagen kann.
ich wusste, dass @LuKu darauf als erster antwortet :-)
fahre jetzt die R1200R in der 3. Saison mit derzeit 25.000 km auf der Uhr. Davor 2 Streetys. Hab es in einem anderen Post mal so beschrieben: Die Street ist die feurige Geliebte, die BMW die Ehefrau
Irgendwann werde ich wahrscheinlich wieder bei einer Street landen, in der Zwischenzeit genieße ich einfach folgende Dinge:
- Tourentauglichkeit (ging mit der Street auch, aber was Koffer und Kardan "können", das hat was an der BMW) - das Drehmoment - die Sparsamkeit (4,5 Liter/100 Km) - die Soziustauglichkeit (wobei die bei mir nicht ganz oben im Lastenheft steht) - die Wertbeständigkeit
was für die Street spricht:
- die Optik - das noch leichtgängigere Fahrverhalten (da ist die BMW schon top, aber die Street fährt sich halt wie ein MTB) - der 3 Zylinder (vereint irgendwie das beste vom 2 Zylinder (Drehmoment) und vom 4 Zylinder (Drehfreude)
ansonsten genieße ich derzeit einfach die BMW (hat ja die gleiche Lackierung wie meine Street R hatte: weiß mit rotem Rahmen), so in 1 - 2 Jahren schau ich mich dann mal nach ne 765 R um.
Über kurz oder lang wird dann zur dann zusätzlich zur Street eine kleine Reiseenduro ala Tiger 800 in der Garage stehen. Dann bin ich für meine Verhältnisse perfekt ausgerüstet. Es steht ja noch die Duc Scrambler meiner Frau rum, die darf ich ja auch ab und an mal bewegen
Lieben Gruß aus Niederbayern von einem, dessen Vatertagsausflug dieses Jahr in die Seealpen bei Nizza geht
Zitat von Kojak im Beitrag #5von einem, dessen Vatertagsausflug dieses Jahr in die Seealpen bei Nizza geht
Die Fahrleistungen der BMW sind über jeden Zweifel erhaben, wer sie gefahren hat wird mir sicher zustimmen. So baut man Motorräder. Aber um mich wirklich zu begeistern reicht das nicht. Die Street hat damals (2009) Fünf Minuten gebraucht, um mich zu überzeugen. Dieser spontane Haben-Wollen-Virus ist bei der Probefahrt mit der BMW nicht ausgebrochen. Vielleicht weil sie technisch einfach zu perfekt ist und nichts dem Zufall überlassen wurde?
Warum bauen sich Eisenbahnfreunde kilometerlange Strecken in den Wald und fahren darauf nicht mit ICE Triebwagen hin und her, sondern mit Dampfloks? Genau, weil sie die Herausforderung suchen und Spaß haben wollen.
Ein Stück weit liegt es bestimmt auch daran, dass die BMW einfach keine Geräuschkulisse hat. Das heisere Brüllen aus der Airbox, der Sound des hochdrehenden Dreizylinders mitsamt seinem Pfeifen und das unterschwellige Blubbern beim Abtouren, alles Fehlanzeige. Der Sound transportiert nun Mal die Emotionen und da klafft bei der R 1250 R eine riesige Lücke. Im Falle der R nineT sieht das ganz anders aus und die hat mich auch dazu gebracht, überhaupt einen intensiveren Blick Richtung BMW zu werfen.
Sicher kann man mit der 1250er sehr geschmeidig beispielsweise das Stilfser Joch hochfahren, aber ich habe mir keine Sekunde gewünscht, genau das jetzt zu tun.
Vielleicht guck ich mir ja die neue Speed mal näher an...
Gruß René
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@Spaetbremser Genau deswegen hab ich den Remus Black Hawk drauf. Dumpfer, bollernd aber nicht laut. Da hat dann sogar eine angeblich sterile bmw ein paar Emotionen
Die bmw hat bei mir auch nicht dieses kribbeln wie die Street ausgelöst. Ich wollte ihr aber einfach mal eine Chance geben. Zum Glück bin ich finanziell in der Lage, mich jederzeit umzuentscheiden.
genau so eine hatte ich, ohne ABS, mit Laser-Auspuff, ausgeräumtem Kat-gehäuse, vorne und hinten Wilbers, kurzer Paraleverstrebe und BB-Chip in der ECU. Ging gut, aber gegen eine serienmäßige Sprint RS hat das Klonker-dingens keine Sonne gesehen.
Die BMW, die mir am meisten Spaß gemacht hat war meine Zweiventiler R80 mit den schönen runden Ventildeckeln im klassischen Schwarz. Da der 800er Motor mit seinen 50 DIN- PS leistungsmäßig nicht so überzeugend war, hab ich mir damals hochverdichtete geschmiedete Mahlekolben draufgeschraubt, vorher penibelst feingewuchtet und sorgfältigst zusammen gebaut und bedüst. Jetzt hatte der Motor 1000 ccm und etwa 70 PS. Vorne und hinten White Power, doppelte Scheibe vorne und Ölkühler, das war spaßiger als der 4-ventilige Sportboxer. Allerdings nächste Saison 1990 wieder verkauft, vor allem weil Guzzi die 1000S rausgebracht hatte, was sich dann allerdings als absoluter Reinfall rausstellte.
Gestern war ich kurz davor eine R1200R K27 Bj2012 zu kaufen. Ich war mit Anhänger, Geld dabei die einfache Fahrt 3 Stunden. Aber die Probefahrt hat mich kalt gelassen, die Emotionen sind nicht übergesprungen. Alles gut aber das Feuer fehlte.
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08.04.2019 22:35 (zuletzt bearbeitet: 09.04.2019 07:23)
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