- Smalltalk » Bikeaholics Mopedkarriere

TRIUMPH Street Triple Forum » COMMUNITY » - Smalltalk » Bikeaholics Mopedkarriere

Seite 1 von 4 « Seite 1 2 3 4 Seite »

#1 | Bikeaholics Mopedkarriere datum

02.01.2009 20:26

Hallo Leute,

da mich derzeit schwere witterungsbedingte Entzugserscheinungen quälen, habe ich als eine Art "Selbsttherapie" mal angefangen, einige "Hochlichter" meiner Zweiradkarriere niederzuschreiben. Natürlich schön chronologisch von den pickeligen Urzeiten angefangen. Ich stell das hier mal rein, bei entsprechender Resonanz wären Fortsetzungen denkbar ...

Andi´s Mopedkarriere
oder: Durch Nichtbeachtung werden die Grenzen der Fahrphysik auch nicht verschoben

Einleitung

Um einen Teil der nachstehend geschilderten Erlebnisse – insbesondere die der früheren Jugend - einordnen zu können, ist es wohl notwendig, Grundzüge unseres damaligen „Familienlebens“ zu kennen. Ich habe drei Geschwister. Drei Jahre, nachdem ich zur Freude meiner Eltern - so munkelt man - das Licht dieser Welt erblickte, wurde die erste meiner zwei Schwestern geboren. Tragischerweise mit schwersten körperlichen und geistigen Behinderungen. Von Geburt an war eine intensive Pflege erforderlich, teilweise mit Zwangsernährung und anderen wenig spaßbringenden Maßnahmen. Nachvollziehbarerweise konzentrierte sich die Fürsorge in der Folge auf meine behinderte Schwester, was mir ein von übermäßigen Kontrollen und Vorschriften relativ unbelastetes Aufwachsen bescherte . Zudem war das erzieherische Zeitbudget meiner Eltern dadurch eingeschränkt, dass mein Vater berufsbedingt überwiegend nur an den Wochenenden zu Hause war. Meine Mutter war froh, den Alltag bewältigt zu bekommen, was ihr aus meiner Sicht auch beachtenswert glänzend gelungen ist. Materiell ging es uns dafür immer recht gut, zumindest war für mich nie ein diesbezüglicher Mangel erkennbar, bzw. wurde mir nicht offenbar.

Jedenfalls hatte ich als pubertierender Jüngling alle denkbaren Freiheiten und war fast immer „flüssig“. Ich denke – und deshalb erwähne ich das hier – hat das den einen oder anderen „Fehltritt“ begünstigt.

Ach ja, bevor ich das vergesse: Eventuelle strafrechtlich oder sonst wie juristisch relevanten Ereignisse - sofern noch nicht verjährt - sind natürlich frei erfunden und entstammen ausschließlich der künstlerischen Freiheit .

PART 1

Meine ersten „Gehversuche“ mit motorisierten Zweirädern begannen im zarten Alter von 12 Jahren. Damals, wir befinden uns in den Spätsiebzigern des letzten Jahrhunderts des vorigen Jahrtausends , kaufte sich mein älterer Bruder ein flammneues Mofa, eine Zündapp ZD 20. Kaum war das Teil zu Hause angekommen, quengelte ich meinen Bruder und meinen Vater so lange penetrant voll, bis ich auch mal Probe fahren durfte.
Was soll ich sagen, mein zu dem Zeitpunkt noch taufrischer 15-jähriger Bruder dürfte an dem Tag wohl um einiges gealtert sein, denn irgendwie bekam ich diesen Scheissbock nicht in den Griff. Kurioserweise endete dieses Kapitel nicht mit einem Sturz oder Unfall. Kurios deshalb, weil ich in den folgenden Jahrzehnten, als wirklich prächtiger Moped- und Motorradfahrer, auf einem fahrerischen Niveau ganz nah an Eddie Lawson oder Kevin Schwantz , die überwiegende Anzahl meiner Maschinen sozusagen in der Blüte ihres Lebenszyklus auf den Altar des heimtückischen Grenzbereiches geopfert habe .

Somit war der erste Kontakt mit der spaßbringenden Welt der nicht mit Muskelkraft betriebenen Einspurfahrzeuge eher enttäuschend. Vielleicht hätte ich es dabei belassen sollen ... .

Schlimm war, dass ich dieses ätzende Teil dann drei Jahre später, als ich selbst unschuldige 15 wurde, übernehmen „durfte“. OK, ich wollte unbedingt mobil sein, also schluckte ich die bittere Pille. Meine ohnehin schon dürftige Begeisterung für dieses Behelfsfahrzeug wurde noch weiter durch die Tatsache gedämpft, dass mein lieber Bruder die Zündapp postgelb umlackiert hatte. Das war an sich schon schlimm genug, wurde aber noch dadurch getoppt, dass diese motorisierte Gehhilfe keinerlei Frisiermaßnahmen unterzogen wurde, obwohl mein Bruder KFZ-Mechaniker gelernt hatte . Ich habe dann mit großem Tatendrang, aber wenig Talent und noch weniger Ahnung, versucht, zumindest die Schmach eines unfrisierten Mofas, damals ein absolutes Unding, abzuwenden. Na ja, das Jahr ging schnell um, irgendwie war die Zündapp ständig kaputt, und meine Eltern kauften mir ein neues Möppi, eine Yamaha RD 80 .

Sehr dankbar war ich vor allem deshalb, weil die Yamaha schon etliche Monate vor Erreichen der notwendigen Altersgrenze meinerseits und Ausstellung einer behördlichen Fahrerlaubnis zu Hause angemeldet in der Garage stand. Eigentlich stand sie nicht wirklich viel, denn ich habe ständig die Yamaha mit diesem gelben Gelumpe verwechselt und mit der RD schon ordentlich Kilometer gefräst . Zumindest bis zu dem Tag, als mein Vater die Garage aufräumen wollte und dafür die Fahrzeuge umstellte. Dummerweise fiel dabei sein Blick auf den schon hoch vierstelligen Kilometerstand . Ich bin ja sonst nie um eine Ausrede verlegen – fragt meine Frau - aber da habe ich schlicht und einfach den ungeordneten Rückzug angetreten .

Wenig später durfte ich dann meine Yam legal bewegen. Im Hinblick auf einen reibungslosen Betrieb des von mir sehr geschätzten „Fast“-Motorrades – die Optik war den damaligen RD 250/350-Rennern sehr ähnlich – habe ich auf eigene Tuningmaßnahmen verzichtet. Der „Big-Bore“-Kit wurde dann ordnungsgemäß durch eine Fachwerkstatt auf Rechnung meiner Eltern montiert, nachdem bei einer Autobahnfahrt die Getrenntschmierung mangels Öl im Reservoir ihren Job nicht hinreichend erledigen konnte. Der Folgeschaden an Kolben und Zylinder zog notwendigerweise eine reparaturbedingte Hubraumvergrößerung nach sich . Das hier Kalkül meinerseits hinter steckte, habe ich stets als üble Nachrede mit Nachdruck zurückgewiesen. Und beweisen konnte es eh keiner ... .

Meine Defizite in der handwerklichen Begabung für leistungs- und geschwindigkeitsoptimierende Eingriffe in die Zweitakttechnik habe ich durch fantasiereiche Umbaumaßnahmen und engagierte Fahrweise kompensiert. Beides ist in der Ausführung – zumindest was die verfassungsseitig eingesetzten exekutiven und judikativen Organe betrifft – überwiegend nicht auf Gegenliebe gestoßen . Nach einigen gut gemeinten, aber nachhaltig gescheiterten Versuchen, den Herrschaften des Technischen Überwachungsvereins die technischen Finessen meiner Veredelungsaktionen näher zu bringen, habe ich das Vorführen meines Edelbikes bei den Herren mit den grauen Kitteln konsequenterweise unterlassen .

Diese freie Geisteshaltung bezüglich der Straßenverkehrszulassungsordnung führte womöglich zu einem Karrieresprung für den seinerzeit in unserem Vorort maßgeblichen Sheriff. In unserer Clique war dieser „Popper-Bulle“ absolut verhasst. Seinen Spitznamen verdankte er seiner ausgeprägt poppigen, wohl als elegant gedachten Kurzhaarfrisur mit meterlangem Seitenscheitel. Der Typ war zudem ein Riesen- Ar....... (Zensur) und hatte uns halbstarke Moped-Rocker voll auf dem Kieker . Natürlich waren wir jederzeit auf Deeskalation bedacht und haben zu keiner Zeit Anlass für ein Einschreiten der Ordnungsmacht gegeben .

Im Ergebnis konnte ich jedoch fundierte Kenntnisse hinsichtlich der polizeilichen Maßnahmenkette im Bereich der Ordnungswidrigkeiten erlangen. Meine Standardausrede zu Hause, wenn mein Möppi – selbstverständlich völlig willkürlich – mal wieder beschlagnahmt wurde, lautete: „Ich hatte was getrunken und die RD beim .... stehen lassen“ löste ob des vernunftbegabten Sprösslings Freude und Wohlwollen aus. Dann noch ein Besuch bei Oma und Onkel Paul – schlimmstenfalls noch ein gemeinsamer Kirchengang - und in der Regel konnte ich mein Bike wieder von den Wegelagerern frei kaufen .

Wie schon angekündigt, begann mit meiner RD 80 aber auch meine Karriere als „Stuntpilot“ . Wobei ich zu dieser Zeit meine „Dienstleistung“ nicht nur auf eigene Mopeds beschränkt habe, aber dazu später mehr ...

Wie so viele meiner Freunde war ich der Meinung, d a s absolute Fahrtalent seit Mike Hailwood zu sein, mit dem Unterschied, dass das bei mir stimmte . So kam es zwangsläufig dazu, auch Fahrzustände außerhalb der zweirädrigen Fortbewegung in den fahrerischen Entwicklungsprozess mit einzubeziehen. Ich kann mich – durch Zeugen belegbar – rühmen, einen Wheelie bis in den dritten Gang mit einem 80er Leichtkraftrad „gestanden“ zu haben . Allerdings war das nur möglich dank einer „Hilfslast“ auf dem Soziussitz, meinem kantigen Freund Rainer . Durch diese und andere Vorkommnisse bedingt musste ich nur selten Passagiere auf meiner RD mitnehmen. Selbstverständlich hatte ich auch einen „Gentleman“-Modus für den Fall mitfahrwilligen Stöckelwilds .

Da ich in meinem Freundeskreis mit der Zeit einen etwas zweifelhaften Ruf hinsichtlich meiner Kompatibilität mit der Fahrphysik und vor allem der StVO erlangt hatte, könnt ihr etwas von meinem verkäuferischen Talent erahnen (welches mir heute ein halbwegs erträgliches Einkommen sichert), einem meiner Freunde seine absolut heißgeliebte Herkules Ultra 80 zu entleihen . Mir fehlt leider die Erinnerung, was zu der Zeit mit meiner Yamaha war ... . Da sich der nachfolgende Unfall in der Nähe des Geschäftes meiner Oma ereignete, gehe ich davon aus, dass ich wieder mal eine Kollekte am laufen hatte .

Ganz ehrlich, ich war dieses Mal absolut unschuldig. Möglicherweise war ich vor dem Abbiegen etwas spät auf der Bremse und die Herkules-Stopper um einiges bissiger als die der Yamaha, aber Auslöser war eine am Straßenrand parkende Autofahrerin, die ohne Beobachtung des rückwärtigen Verkehrs die Autotüre aufmachte und mich zu einer Gewaltbremsung auf feuchter Straße zwang. Allerdings rutschte die Ultra 80 für innerörtliche Geschwindigkeit relativ weit . Vermutlich lag das aber an dem verminderten Reibwert der feuchten Straße . Ich habe die Herkules dann direkt in die Werkstatt gebracht und Gott sei Dank hat die gegnerische Versicherung gezahlt. Trotzdem war das anschließende Gespräch mit dem Freund alles andere als angenehm und meinem Image war die Sache auch nicht unbedingt förderlich .

Da wir harten Kerle für den öffentlichen Nahverkehr natürlich nichts als Verachtung übrig hatten, mussten wir zwangsläufig auch im Winter durchfahren. Hierbei stellte ich auch meinen persönlichen (Negativ-)Rekord auf. Wir waren in unserer allseits beliebten Vorortdisko. Es war irgendwie so Matschwetter. Während wir sorglos unserem pubertären Imponiergehabe nachgingen, zog es draußen frostmäßig an und es begann ergiebig zu schneien. Als ich nach Hause fahren wollte – Geld war alle oder Deckel war voll - lag malerisch eine unberührte geschlossene Schneedecke vor mir, darunter gefrorener Matsch. Auf dem etwa drei bis vier Kilometer langen Heimweg schaffte ich es, mich drei mal mit dem Moped abzulegen. Aufgrund meiner angepassten Fahrweise blieben Mensch und Maschine hierbei von größeren Blessuren verschont.

In der Rückschau finde ich es immer noch erstaunlich, dass ich meine RD 80 trotz allem noch als verkehrstüchtiges Fahrzeug veräußern konnte. Die nachfolgenden Kapitel, in denen dann „richtige“ Motorräder zum Einsatz kommen, lassen also noch Steigerungen zu ... .

To be continued ...

__________________________________________________

Erst hatten wir kein Glück, und dann kam auch noch Pech hinzu.
(Jürgen Wegmann, ehem. Fußballprofi)