Diese Frage hab ich meinem gestellt, als ich die Thunderbird nach der Probefahrt schweren Herzens wieder sicher vor dem Laden geparkt hatte. Er guckte freundlich, grinste und meinte: "Ist sowieso immer der Richtige drin." Tja, wo er recht hat, hat er recht. Ich weiß es zwar immer noch nicht und eigentlich ist das auch sowas von egal...
Aber von vorn. Hatte heute um 12.00 Uhr einen Probefahrttermin mit der T-Bird vereinbart. Das Wetter hats zum Glück gut gemeint und so hab ich mich auf den Weg gemacht. Nach 9 Jahren 1400er Trude mußte ich mir die 1600 Kubik und 150Nm einfach mal geben. Ganz in Silber gekleidet stand sie da und machte gleich mal einen sehr wertigen Eindruck. Das Zündschloß liegt rechts unter dem niedrigen Sitz, die riesige Tachoeinheit thront auf dem Tank. Starten ist wie von der Streety gewohnt. Einschalten, warten bis sich das Mäusekino wieder beruhigt hat, Kupplung ziehen und Knöpfchen drücken. Der Zweizylinder bollert sofort wunderbar und gleichmässig los. In den fetten Moosgummigriffen und der sehr bequemen Sitzbank -eigentlich ist es mehr ein Fernsehsessel- sind sofort very good Vibrations zu spüren. Ein kurzer Gasstoß läßt das ganze Trumm von Motorrad erzittern. Das ist Hubraum in seiner schönsten Form!
Also den Seitenständer eingeklappt und den linken Fuss auf die Raste gesetzt. Hmmm ... doch ganz schön weit weg, das Teil. Ich rutsch mal lieber ganz an den Tank. So war das sicher nicht gedacht Herr Konstrukteur, oder? 1,70 sind sehr knapp für dieses Motorrad. Aber ich will ja 2 Stunden fahren. Also rein mit dem ersten Gang und los! KLACK sagt das Getriebe und drin isser. Kupplung kommen lassen, ein wenig Gas.. das klappt auf Anhieb! Ich rolle erstmal vorsichtig los. Die Federung flutscht weich und satt den Bordstein runter. Kein Nachwippen - das schafft spontan Vertrauen. Vorsichtig Gas geben (ich will ja nicht direkt vor dem Laden eine Rille in den Asphalt fräsen ) und schon ist der Zweite dran. Die Kupplung läßt sich leicht mit zwei Fingern bedienen, wenn man denn an den -nicht verstellbaren- Hebel kommt. Kurzer Zug und KLACK. Die akustische Rückmeldung ist einwandfrei, im Lauf der 2 Stunden gewöhne ich mich daran und mag es sogar. Bis zur Stadtgrenze dichter Verkehr, zum Glück ists nicht weit. Ich reihe mich also brav ein und rolle mit. Das geht leicht und locker von der Hand, hätte ich dem dicken Brocken gar nicht zugetraut. Die Intruder war da anders. Nur die Sitzposition ist doch sehr gewöhnungsbedürftig. Ab dem Ortsschild zieht sich die Kolonne etwas auseinander, jetzt guck ich mir mal das Moped an. Am unteren Bildrand liegt die ganze Zeit das riesige Scheinwerfergehäuse, in dessen Chrom Himmel und Landschaft weich vorbeifliessen. Überhaupt scheint da vorn alles verchromt oder zumindest poliert zu sein. "Da vorn" ist auch ein gutes Stück von mir entfernt, so dass ich den Ausblick entspannt geniessen kann. Der Tacho ist dagegen viel zu weit unten, um ihn dauernd im Blick haben zu können. Ich vermisse ihn nicht. Wenn man ganz tief runter guckt, entdeckt man sogar einen winzigen Drehzahlmesser unter dem Tacho. Wozu der gut ist, hab ich nicht heraus bekommen. Ganz vorn zu sitzen ist auf Dauer anstrengend, also rutsch ich mal wieder ein Stück nach hinten. Noch ein Stück. Anschlag. Die Füße sind gerade noch auf den Rasten und mit etwas vorbeugen komm ich sogar an den Lenker. Es scheint ein paar Muskeln im Bauch- und Rückenbereich zu geben, die ich schon lange nicht mehr benutzt hab. Ein paar Kilometer weiter stellt sich sowas wie Entspannung ein. Mir fallen plötzlich sogar die blühenden Blumen am Strassenrand auf. Sehen hübsch aus. Hab ich eigentlich geschaltet? Der Hebel gibt keinen Millimeter nach. Muß wohl schon der letzte Gang drin sein. Also weiter die Landschaft angucken. Felder, ein Wald dahinter und überall Blumen. Sehr schön.
Ob in dem Tacho auch 'ne Uhr steckt? Da ist erstmal eine Balkenanzeige fürs Benzin, darunter irgendwelche Zahlen. Am Lenker soll ein Knopf sein, sagte der . Rechts werde ich fündig. Nochmal Zahlen - und nochmal. Ob das die Wegstreckenzähler waren? Ich zähl lieber die Blumen! Aha - als letztes kommt die Uhrzeit. Was, schon 30 Minuten um? Gut, dann mal ab auf die Autobahn. Richtung Hamburg steht da. Soll mir recht sein. "Wenns geradeaus geht, kannste laufen" hat mein Meister immer gesagt. Dann wollen wir das mal machen. Jetzt zeigt die Mühle ein anderes Gesicht. Ab 120 wirds ungemütlich, über 140 machts definitiv keinen Spaß mehr. Also zwei Ausfahrten weiter wieder runter und über die Dörfer. Hab eine schöne Allee erwischt auf die die Sonne gerade lauter helle Punkte malt. Hinter den Bäumen ein Streifen aus Blumen und endlose Felder. So eine Fahrt mit dem Motorrad ist doch ein tolles Erlebnis! Leider sagt die Uhr 1 Stunde und 10 Minuten, also Zeit für den Rückweg. Fotos will ich ja auch noch machen und der hat was von volltanken gesagt. Ich entscheide mich für die B96. Dort reihe ich mich wieder in die Dosenparade ein und lass den Bigtwin vor sich hin rollen. Um es etwas abwechslungsreicher zu gestalten nehm ich immer wieder Gas weg und fahre dann die Lücke wieder zu. Der Dampf aus dem Kessel ist ein Genuss. Ab 2000 Umdrehungen gehts satt voran, der einzige Vergleich, der mir einfällt ist ein amerikanischer V8. Der Motor zieht wie das sprichwörtliche Gummiband und hängt sauber und ruckfrei am Gas. Wohl nicht zuletzt ein Verdienst des Zahnriemens. Warum verbaut man den eigentlich nicht an allen Mopeds? Hat vielleicht was mit Image zu tun. Die Technik funktioniert jedenfalls perfekt.
Die Kurven hätt ich fast vergessen! Viele warens nicht, aber dafür ein paar richtig Enge. Links wie rechts setzen die Fussrasten viiieeel zu früh auf und verderben damit den Spaß. Das Fahrwerk läßt sich völlig unbeirrt und leichtfüssig in jede gewünschte Richtung lenken und wäre zu wesentlich mehr im Stande. Nicht mal der fette 200er Schlappen hinten macht sich störend bemerkbar. Schade, das sie so wenig Schräglagenfreiheit hat. Die Federung macht unauffällig das, was sie soll, ohne jedes Schaukeln und Wippen. Genau wie die Bremsen, wobei die vordere eine feste Hand verlangt. Wirkung und Dosierbarkeit sind aber tadellos. Wenn die Hintere mitspielen darf, sind sehr kurze, fast schon sportliche Bremswege möglich. Alles in allem mal wieder ein sehr gelungenes Motorrad, das Triumph da auf die Räder gestellt hat.
Der Typ beim , der mir die Schlüssel gegeben hat (er hat Verbot, die Thunderbird zu benutzen weil er zu viele Kilometer drauf gemacht hat), hatte schon diesen Ausdruck im Gesicht. Ihr wißt doch, welchen ich meine? Den, der durch die richtigen Hormone ausgelöst wird. Und ich bin sicher, ich hatte den auch als ich wieder zurück war...
Der heisse Tipp zum Abschluß: Probefahrt machen und staunen! Es lohnt sich. Der Genussfaktor ist enorm. Und wer es unbedingt wissen will: Die Anzahl der Gänge steht im Prospekt.
Gruß René
Spaetbremser
hat folgende Bilder an diesen Beitrag angehängt
Jepp, ist schon ein Mordsgerät, vielleicht wenn ich mal 40 werde...
Gefahren bin ich sie selber noch nicht, mein hat auch jetzt Betriebsferien, aber antun muss ich mir das auch noch. Gesehen habe ich das kleine Schlachtschiff aber auch schon:
Macht vor allem einen sehr hochwertigen Eindruck, und halt ein Paralleltwin, nicht der klassische V2. Triumph bleibt quasi der Linie treu. Was ich noch beachtlich finde, sind die vielen von Triumph direkt verfügbaren Zubehörteile. Haken: nach wie vor nicht ab Werk komplett umgebaut zu haben. Wenn man die Maschine herrichten will, hat man hinterher einen Keller voll überflüssiger Teile und mehr Geld ausgegeben, als bei Customizing ab Werk eigentlich notwendig wäre - bei der Menge der verfügbaren Zubehörteile ist das ein recht grosser Batzen Geld. Das sollte Triumph eventuell nochmal überdenken. Wenn es machbar wäre, die Maschine ab Werk nach Wunsch zu bekommen, fällt der Preis - das wäre dann für die Konkurrenz noch ein saftiger Schlag ins Gesicht...
Edit: Hab gerade mal geschaut, den Kaufpreis von ca. 20'000 Franken hab ich problemlos um 10'000 Franken Zubehör erhöhen können
Is wirklich ein prächtiges Eisen, hab sie unlängst bei meinem genauer begutachtet, gefällt mir wirklich gut und trifft voll meinen Geschmack ! Das mag ich an Triumph: Wunderschön, nicht zu prollig oder auffällig, klassische Schönheit eben, wie die Triple....
Aber wie DonPetz schon sagte: Macht für mich auch erst in einigen Jahren Sinn
Hab mir die Preise auch mal angesehen. 18500,- Euro wären fällig im Falle des Falles. Ich fürchte, die haben sich das sehr genau überlegt mit ihrer Zubehör-Preispolitik. So verdienen sie einfach mehr. Machen sie doch bei der Streety genau so. Anfangs sollte ja der FS mal serienmässig sein. Und neuerdings gibts 'nen verstellbaren Kupplungshebel als Zubehör zu kaufen. Sowas gehört einfach dran, genau wie die Hinterradabdeckung finde ich. Aber wir haben sie ja trotzdem gekauft...
Der Vorführer hatte übrigens nicht mal ABS. Hab ich ganz vergessen zu erwähnen und hätte das Grinsen auch nicht breiter gemacht. Gruß René
Aus uns sind die geworden, vor denen uns unsere Eltern immer gewarnt haben
das Daumendrücken für gutes Wetter hat sich ja gelohnt . Du bist ja richtig begeistert. Dein Bericht ist sehr ausführlich und ich seh die Thunderbird förmlich vor mir . So schön sie auch sein mag, gegen die Streety kommt sie doch nicht an, oder? In meinen Augen zumindest nicht. Aber vergleichen kann man die beiden ja eh nicht.
An die jungen Hupfer hier : Wenn ihr Euch überlegt mit 40 eine Thunderbird zu kaufen, bedeutet es dann, dass ihr dann "langsamer" unterwegs seid wollt? Was meint ihr, habt ihr dann unterm Hintern, wenn ihr 50 werdet oder 60? . Nix für ungut
Danke fürs Daumendrücken, Michaela. Man kann die beiden nicht vergleichen und jede Punktewertung hätte bestenfalls Unterhaltungswert. Aber eine Gemeinsamkeit haben Streety und T-Bird doch. Beide sind ein Fest für die Sinne. Jede auf ihre einmalige Weise. Der Faszination des Donnervogels bin ich voll erlegen. Motorrad fahren im herkömmlichen Sinne war das auch nicht. Vielmehr ein entspanntes Gleiten ohne Hektik und Stress. Die Tour war die reinste Seelenmassage. Hätt ich die 18.000 Mäuse - ich würd den Bigtwin neben die Streety und die Enduro stellen. Liegt das am Alter? Hmmm.... Gruß René
Aus uns sind die geworden, vor denen uns unsere Eltern immer gewarnt haben
Wenn ich 60 bin, bekommt meine Streety ein Veteranenkennzeichen und zählt zu den Oldtimern - ist ja klar, was ich dann fahre... Wie war das auf den Polo-Shirts? Ich bin über 60 - überhol mich, wenn du kannst...
Ich bin ja auch so ein Fan von Probefahrten. Ab und an muss ich einfach wieder mal ´was ausprobieren. Macht wirklich Spaß. Wenn da nicht die Gefahr wäre, mehr als nur "ein bißchen Interesse" am Probefahrtobjekt zu entwickeln.
echt schöner Bericht Muss glaub ich auch mal wieder 'ne Probefahrt machen Hab das auch immer gerne gemacht, aber in letzter Zeit ist das immer weniger geworden
Grüße aus Vorarlberg
Günni
Four wheels move the body, unless it's a convertible. Two wheels move the soul. This also applies to mountain biking.
Zitat von SpaetbremserDanke fürs Daumendrücken, Michaela. Man kann die beiden nicht vergleichen und jede Punktewertung hätte bestenfalls Unterhaltungswert. Aber eine Gemeinsamkeit haben Streety und T-Bird doch. Beide sind ein Fest für die Sinne. Jede auf ihre einmalige Weise. Der Faszination des Donnervogels bin ich voll erlegen. Motorrad fahren im herkömmlichen Sinne war das auch nicht. Vielmehr ein entspanntes Gleiten ohne Hektik und Stress. Die Tour war die reinste Seelenmassage. Hätt ich die 18.000 Mäuse - ich würd den Bigtwin neben die Streety und die Enduro stellen. Liegt das am Alter? Hmmm.... Gruß René
... wusste ich doch, dass es schön sein wird
Ich glaube nicht, dass Du das Dahingleiten deshalb so genossen hast, weil Du schon älter bist (als mit 20 meine ich natürlich ) sondern es liegt eher daran, dass man bestimmte Dinge, z. B. eine schöne Blumenwiese, einen herbstlich gefärbten Laubwald, die Aussicht auf Berggipfel usw. mit 40 mit anderen Augen sieht. In jungen Jahren sind diese Dinge einfach vorhanden, sie werden wahrgenommen aber nicht als wichtig erachtet. Da stehen andere Dinge im Vordergrund. Aber später, da kann man genießen und man nimmt frühere Nebensächlichkeiten als etwas besonderes wahr.
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18.07.2009 18:27
gestellt, als ich die Thunderbird nach der Probefahrt schweren Herzens wieder sicher vor dem Laden geparkt hatte. 
) und schon ist der Zweite dran. Die Kupplung läßt sich leicht mit zwei Fingern bedienen, wenn man denn an den -nicht verstellbaren- Hebel kommt. Kurzer Zug und KLACK. Die akustische Rückmeldung ist einwandfrei, im Lauf der 2 Stunden gewöhne ich mich daran und mag es sogar.
Die Federung macht unauffällig das, was sie soll, ohne jedes Schaukeln und Wippen. Genau wie die Bremsen, wobei die vordere eine feste Hand verlangt. Wirkung und Dosierbarkeit sind aber tadellos. Wenn die Hintere mitspielen darf, sind sehr kurze, fast schon sportliche Bremswege möglich.
Aus uns sind die geworden, vor denen uns unsere Eltern immer gewarnt haben
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hat auch jetzt Betriebsferien, aber antun muss ich mir das auch noch. Gesehen habe ich das kleine Schlachtschiff aber auch schon:
. Nix für ungut 
Man hatte fast das Gefühl dabei zu sein.
und man nimmt frühere Nebensächlichkeiten als etwas besonderes wahr. 
